Hey Frosch,
so als echter Eventi, berichte ich jetzt nur noch von Spielen mit
mindestens 40.000 Zuschauern. Also ist mal wieder eine kleine Zusammenfassung
fällig, da gegen St. Pauli die Hütte erneut so richtig
schön voll war. Man kann ja nichtmal mehr sagen, dass sich
gut 47.000 Menschen nach Stockum verirrten, das ist ja gerade das
Erstaunliche, die Leute wollen Fortuna sehen und das obwohl nur
noch die kühnsten Optimisten vom Durchmarsch reden. Trotzdem
war die Arena erneut ausverkauft. Was bedeutet das aber eigentlich.
Früher hatte ein Stadion eine klar definierte Zahl von Plätzen
und die blieb –ohne größere Umbaumaßnahmen-
über Jahre konstant. Heute ist eine Arena in etwa 8 Monaten
dreimal ausverkauft dafür reichen aber von mal zu mal weniger
Zuschauer. Ich habe mal ausgerechnet, dass ich in etwa 10 Jahren
–wenn denn dieser Trend mit ähnlicher Geschwindigkeit
so weiter geht- alleine in der ausverkauften Arena sitzen werde.
Das wird ne Stimmung. Ich werde mein bestes geben, mir diese Kreuzung
aus Uwe Seeler und Patrick Owomoyela oder wie diese südafrikanische
Tröte heißt schnappen und mal richtig Lärm machen.
Das Spiel wird vielleicht nicht vor vollen Rängen stattfinden
aber ich werde alles dafür tun, dass wenigsten ich voll sein
werde, wenn Aramark das mit dem Catering gehandelt bekommt.
Momentan ist aber denn doch noch etwa die Einwohnerzahl Kleves
(Achtung tolle Überleitung) nötig, um die Arena zu füllen.
Ja Kleve, das führt mich doch zu einem tief dunklen Schatten,
der über die Vorfreude aufs Pauli-Spiel fiel. Meine berufliche
–ich-hatte-keine- Wahlheimat liegt, wie ja mal bereits erwähnt-
tief im fussballerischen Feindesland (O.K. so toll war die Überleitung
jetzt doch nicht – aber irgendwie musste ich die Kurve ja
kriegen).
Borussia Mönchengladbach – ein Verein der ungefähr
so attraktiv ist, wie eine schöne Magendarmgrippe – hat
doch tatsächlich die Dreistigkeit besessen unseren Abwehrkometen
Anderson zu kaufen. Im Zusammenhang mit den grasshoffschen Erben
kann man getrost auf umschmeichelnde Vokabeln wie „verpflichten“
oder „unter Vertrag nehmen“ verzichten. Den Profifussball
umweht immer auch ein Hauch von Menschenhandel und das ist zwar
nicht gut so aber es ist nun mal so. Ein Spieler „gehört“
irgendeinem Team aus Brasilien, ein deutscher Konzernableger besitzt
eine Kaufoption und ein liebreizender Traditionsverein nimmt den
genannten Spieler selbstlos auf, gibt ihm ein Dach über dem
Kopf und bemuttert ihn mit viel Nestwärme inklusive. Wobei
mir bis heute nicht vollständig klar geworden ist, von wem
wir Bamba denn nun eigentlich ausgeliehen haben. Die Frage war also
nur, was macht Leverkusen. Muss Anderson schon nächstes Jahr
ins Chemiewerk oder darf er noch ein Jährchen bei uns bleiben.
Und auf einmal schaltet sich dieser verkappte Eredivisienist und
schießt quer. Weißt Du was mich wirklich an dieser Geschichte
aufregt, man kann eigentlich (leider) keinem wirklich einen Vorwurf
machen. Sieht man meiner Meinung nach mal von Leverkusen ab, die
sich mit dem Nichtziehen dieser Option eventuell ins eigene Fleisch
geschnitten haben.
Als Fortuna Fan hat man auf jeden Fall brutal vor Augen geführt
bekommen, dass Gladbach nicht nur rein faktisch (noch) in einer
anderen Liga spielt sondern sich in ganz anderen Sphären bewegt.
Wenn Schnösel Eberl schon zugibt, dass 1,5 Milliönchen
fällig waren, kann man wohl davon ausgehen, dass inklusiver
diverser Handgelder für Berater und ein paar Süßigkeiten
für die Niemals-Meister aus Süd-Monheim wohl eher 2,5
Millionen in alle Himmelsrichtungen fließen werden. Und bei
solchen Summen muss man sich von vorneherein gar nicht mal mehr
die Mühe machen, mit irgend jemanden von Fortuna zu diskutieren
und da kommt bei mir ein unverhohlenes Gefühl auf: Neid. Ich
werde jetzt aber bestimmt nicht grün vor Neid sondern bleib
rot-weiß.
Wie ich vielleicht bereits angedeutet habe, mag ich die Borussia
nicht. Sie steht für mich auf Augenhöhe mit dem EffZäh.
Im Vergleich zu diesen beiden Vereinen habe ich zu unseren Hauptrivalen
der vergangenen Jahre, Essen und Wuppertal, geradezu eine Liebesbeziehung.
Im Zuge der Euphoriewelle rund um Aufstieg, Heimtabellenführer,
voller Arena und immer noch nicht ganz versiegter Durchmarschillussionen
wirkte die Nachricht von dem Wechsel schon wie eine ordentliche
Ohrfeige, wähnte man doch schon benebelt die Augenhöhe
mit beiden linksrheinischen Antagonisten in Reichweite. Doch wir
backen nicht mal kleine Brötchen sondern kleine Röggelchen
–noch(?).
Wo ist eigentlich die Sponsorenschlange geblieben, ein großer
Sponsorenwurm wäre ja wenigstens mal was.
So muss man aber die bestenfalls süffisanten und arroganten
Kommentare von irgendwelchen Gladbachern ertragen, dabei wäre
ich doch selber so gerne arrogant oder noch arroganter.
Fortuna muss jetzt unbedingt die Nahrungskette anwerfen und jemand
anderen schädigen. Auer von Aachen oder Stoppelkamp von Oberhausen,
keine Ahnung, ob die uns weiter helfen, Hauptsache ist, dass es
Ärger bei den Printen oder den Kleeblättern gibt. Ich
habe nie behauptet, dass ich nett wäre.
So genug zu diesem Thema, insbesondere da uns ja mit der Akte Harnik
bald die gleichen Gefühle wieder heimsuchen werden. Nur eins
noch: es bleibt der Traum von der Express Sommerschlagzeile 2011
Ausgabe Ostholland „Ein Anderson allein kann den Abstieg nicht
verhindert“, ich hab ja schließlich nichts gegen den
Mann.
Zum fünften Mal wurde Fortuna durch das DSF „beehrt“,
diesmal als krönender Abschluss von Ostern, dem Fest der Auferstehung.
Nach vier sieglosen Spielen in Folge und schlappen zwei Törchen
in den vergangenen fünf Spielen waren wir zwar jetzt nicht
am Boden, so dass eine Auferstehung notwendig gewesen wäre
– aber wenn eine gewisse Spannung am Leben gehalten werden
sollte, musste schon ein Sieg gegen den Tabellenzweiten her.
Norbert Meier hatte dementsprechend frei nach Olli Kahn mehr Eier
gefordert und selbige, die er beim Eiersakt in Viersen gewonnen
hatte, in der Pressekonferenz zum Spiel verteilt. Rund um Mönchengladbach
pflegt man offensichtlich andere Fetische.
Apropos Eier – bei der Einlasskontrolle stellte der Begrapscher
eine ungewöhnliche Wölbung in meinem Hosentaschenbereich
fest, die nicht auf eine übertriebene Vorfreude auf das Spiel
zurückzuführen war – vielmehr zog ich einen schmierigen
Nussnougatklumpen mit Alupapierresten aus der Tasche und erinnerte
mich dunkel, dass ich als temporäres Osternest bei der Eiersuche
für meinen Sohn fungieren durfte.
Endlich im Block angekommen, musste ich feststellen, dass es heute
eng werden würde, nicht nur mit einem Sieg sondern auch rein
physisch, als ich Krolle im Anflug sah und entsetzt feststellte,
dass neben mir der einzige noch freie Sitz war.
So gab es dann zu Beginn des Spiels auch wenig Raum für alle
beteiligten auf und neben dem Platz, was zu einer recht behäbigen
Partie und zu noch kontrollierbaren Verklemmungen bei mir führte.
Das ich familienfestbedingt etwas overdressed mit Mantel (aber Trikot)
direkt aus dem Münsterland ins Stadion angereist war, erwies
sich nicht als Geniestreich. Der Mantel schränkte meine Bewegungsfreiheit
doch etwas ein, da er mehrmals in den Einzugsbereich von Krolle
geriet.
Bei Szenen, die einen vom Sitz rissen, gab es jetzt eine leichte
zeitliche Verzögerung zwischen mir und meinem Sitznachbarn,
so dass ich manchmal etwas unsanft gebremst wurde. Zum Glück
gab es nicht so viele Szenen dieser Art.
Nach der ersten Hälfte konnte oder musste man feststellen,
dass Fortunas Angriffswirbel bislang nur ein geringes Drehmoment
hatte und Pauli auch mindestens eine Klasse schwächer als Lautern
auftrat. Mehr als zwei halbe Chancen auf beiden Seiten gab es nicht.
Fortunas beste Gelegenheit hatte bis dahin van den Bergh mit einer
schönen Direktabnahme, die Paulis Keeper aber abwehrte. Mein
Gott, jetzt ist der kleine Nachzügler-Bruder vom Braunschweiger
Torwartdenkmal Uwe Hain selber ein Fastrentner. Machen wir uns Nichts
vor, Frosch, Du wirst auch nicht jünger.
In Anlehnung an das Lautern Spiel, wo wir eine wirklich gute Mannschaft
in der zweiten Hälfte ins Schwimmen brachten, war ich recht
optimistisch, dass wir gegen diese Hamburger noch gewinnen würden.
Ich bin ja mittlerweile so kühn, dass ich immer auf zu mindestens
eine gute Halbzeit von Fortuna baue. Bis weit ins letzte Jahr hinein
war ich mir immer noch sehr sicher, dass es wenigstens eine sehr
schlecht Halbzeit gab.
Ich sollte nicht fundamental enttäuscht werden. So dauerte
es nicht lange bis Fink Martin Harnik wunderbar rechst außen
frei spielte, der schaute ein- zweimal und passte genau im richtigen
Augenblick in die Mitte, wo Heidinger sehenswert direkt abschloss
und Hain keinerlei Chance ließ. Ein wirklich schönes
Tor, dass ich in meiner internen Fortuna Saisonhitliste so an Platz
5 (hinter jeweils zwei Treffern von Harnik und Jovanovic) einrangieren
würde.
Nicht nur Heidi sondern auch ich hatte zu diesem Zeitpunkt erstaunlich
viel Platz, in meinem Fall lag es daran, dass Krolle noch am Bierstand
hängen geblieben war. Gemeinsam nutzten wir jedenfalls unsere
Freiräume effektiv aus.
In der Folgezeit gelang es relativ gut, Pauli von unserem Tor fern
zu halten – zweimal wurde es dann aber doch etwas brenzliger.
Auf der anderen Seite gab es aber doch Christ, Fink, van den Bergh
(das wäre mindestens Platz drei auf der obigen Liste gewesen)
und kurz vor Schluss noch Gaus aber auch genügend Möglichkeiten
schon früher den Sack zu zumachen. Aber am Ende stand wieder
mal die Null – zum siebten mal in Folge (zu Hause) –
etwa 11 Stunden!
Der Sieg war verdient und man darf weiter vom Aufstieg träumen.
Eins ist auf jeden Fall sicher, gegen Sechzig und Hansa werden wohl
auch jeweils wieder mehr als 30.000 Leute kommen, ein Schnitt von
27.000 bis 28.000 wird damit erreicht werden. Hier würde ich
Produktplacement betreiben, hätte ich ein Produkt.
Jetzt ein Sieg in Cottbus und Augsburg bleibt am Ende nur ein Puppentheater.
Gruß
ANDI
Spielberichte
09/10
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