Hey Frosch!
Neue Besen kehren bekanntlich gut, um diesen Spielbericht mal mit einer vollen Platitüdenbreitseite zu beginnen.
Mit Uwe Weidemann stand beim Nachholspiel in Chemnitz so etwas wie ein neuer an der Außenlinie und dirigierte das
disharmonische Fortunaensemble - ohne den gewünschten Erfolg. Folgt man den diversen Berichten war aber wohl doch
ein klitzekleiner Aufwärtstrend erkennbar. Zu schwach für einen Sieg aber nicht so unterirdisch wie in den
vergangenen Wochen präsentierte sich das Team in Sachsen.
Der Besen hatte also noch nicht die erhoffte Reinigungswirkung entfaltet. In den letzten Monaten hatte sich aber
auch eine enorme Menge Schmutz rund um den Flinger Broich angesammelt.
Mehr denn je stand Fortuna also zum vorweihnachtlichen Rückrundenauftakt unter Druck. Unsere Gäste aus Münster
hatten sich zum Ziel gesetzt mittels Auswärtssieg, die Distanz zu uns auf beachtliche 10 Punkte auszudehnen. Ich
bin nach wie vor der Meinung, dass die Preußen eine der schwächsten Mannschaften war, gegen die wir in dieser
Saison angetreten sind und jetzt droht uns eine zweistellige Punktekluft zu trennen. Es ist wirklich unfassbar,
was wir uns unter der Führung von Morales für einen Mist zusammen gegurkt haben.
Das unaufhaltliche Schicksal hatte mich jüngst an diesem prosaischen Tage, um ein weiteres Jahr altern lassen. Ein
tag also, an dem man sich besinnlich zurücklehnt und die Vergangenheit revuepassieren läßt. Da ich den Rahmen an
dieser Stelle nicht sprengen möchte und sich jetzt auch nicht gerade ekstatisch spannende Dinge en gros in meinen
nicht mehr ganz so jungen Leben abgespielt haben, werde ich mich auf das Nötigste also Fortuna beschränken.
Un da auch nur auf ausgesuchte Spiele seit der Saison 1972/73, die an einem 4. Dezember stattfanden. Damit wäre
wohl auch das gut gehütete Geheimnis der Anzahl der Jahresringe unter meinen Augen gelüftet. Da einer meiner
Schwager Förster ist, bin ich mittlerweile halbwissend in die Welt der heimischen Waldflora eingetaucht. Wusstest
Du, dass Eichen mit zunehmenden Alter zu sekundären Dickenwachstum und zu einer gewissen Zopftrockenheit neigen?
Die Parallelen zum Menschen liegen auf der Hand. Natürlich nicht bei mir. Bei trockenem Wetter verhüllen meine
geschätzten 95 Haare nahezu perfekt mein Haupt, von wegen Zopftrocken. Gut bei Regen, gerät meine Frisur etwas aus
den Fugen, dafür ist meine Kopfhaut im Sommer sehr schön gebräunt. Und sekundäres Dickenwachstum? Iwo! Man weiß
ja nie, ob man mal in Seenot gerät und dann ist es immer gut, wenn man seinen eigenen Rettungsring bereits eingebaut
hat. Wofür braucht man ein Sixpack, wenn man ein ganzes Fass haben kann?
Natürlich habe ich über meinen körperlichen Zustand stark übertrieben. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich immer
noch außergewöhnlich gut aussehe, sonst macht es ja leider keiner.
Genug von mir, also die Bilanz Fortunas seit meiner Geburt ist durchaus positiv. Leider nur für Spiele am ominösen
4.12.. Meine Recherchen ergaben jedoch auch, dass es bislang nur deren drei gab. Sehr häufig fanden jedoch Spiele
in beiden Tagen vor oder nach meinem Geburtstag statt und über die meisten dieser sollte man wohl besser schweigen.
1976 gastierte RW Essen in Düsseldorf und traf dort auf eine Mannschaft, die mit Spielern wie Klaus Allofs, Zewe,
Geyer und Köhnen besetzt war. Ich war definitiv nicht anwesend. Bei Essen agierte ein Jungspund namens Mill und
ein gewisser Flemming Lund, der relativ kurze Zeit später zur Fortuna wechselte und viel später Namenspatron für
einen DiFo-Nick werden sollte.
Vor 16.000 Zuschauern endete die Begegnung 4:4 (nach 4:2 Führung für uns). Eher mäßiges Ergebnis - aber ich war ja
auch nicht da.
1982 kam Bielefeld nach Düsseldorf, an Bord auch die Koryphäen Ewald Lienen und Frank Pagelsdorf und ein gewisser
Herr Pohl. Ich kann mich in keinster weise an diese Partie erinnern, was wohl nur bedeuten kann, ich war da -
schließlich gewann Fortuna mit 2:0. Die Tore erzielten Turbo Dusend und der besagte Pohl. Wunderbar, was für ein
Tag, ich weiß noch genau, als wäre es gestern gewesen - allerdings kann ich mich auch nicht mehr genau an den
gestrigen Tag erinnern.
Trainer der Bielefelder war übrigens Horst Köppel, was den Erfolg schon ein wenig schmälert.
An das dritte Spiel gegen Fortuna Köln 1994 kann ich mich aber nun noch wirklich erinnern.
Wir reisten nach Köln und ich war zu Tränen gerührt, als der gesamte Fortuna-Block Happy Birthday anstimmte.
Huldvoll winkte ich in die Menge und ignorierte tapfer, dass wohl eher unsere damaliger Torwart Pierre Esser
gemeint war, der einen seinen raren Meisterschaftseinsätze feiern durfte.
Wir gewannen durch ein Tor von Darko Drasiz mit 1:0 - hochverdient - wirklich. Arthur Moses, es hat auch in
besseren Zeiten absolute Graupen in der Mannschaft gegeben, verfehlte mit einem Schuss (aus zugegebenermaßen
großer Entfernung) das leere Tor, da Kölns Keeper das Heil in der Offensive gesucht hatte. Moses, der
wahrscheinlich das Rote Meer teilen konnte mit dem Ball aber so seine Schwierigkeiten hatte, kam eigentlich gar
nicht soweit. Der Ball blieb irgendwo im Matsch hängen. Trotzdem war es natürlich ein gelungener Geburtstag.
Das 4. Spiel in der Geschichte meiner Ehrentage stand also nun auf dem Programm, es konnte eigentlich keine
Niederlage geben - allein schon wegen mir.
Aus mir nicht mehr ersichtlichen Gründen erwachte ich an diesem Tag erheblich gealtert in der Münsterländischen
Heimat meiner Frau. Zu meinen Ehren wollten alle noch mit mir zusammen das Mittagessen einnehmen, obwohl ich nicht
gerade gesteigerten Wert darauf legte - schließlich befand ich mich schon in der Vorspiel-Konzentrationsphase.
Unglaublich wie langsam manche Leute essen.
Auf der Heimfahrt sah ich mich genötigt, auch die letzten Pferdestärken aus der schwarzen Raubkatze heraus zu
kitzeln. Auf der welligen A46 kommt man bei Wuppertal fast ins Fliegen. Doch der Einsatz lohnte sich, ich kam fast
auf die Sekunde genau am Flinger Broich an.
Die ALTsTARS hatten sich fast vollständig zu meinem Ehrentag versammelt, nur John fehlte unentschuldigt. Dafür war
der Präsi angereist.
Auch auf dem Feld hatte sich etwas getan. Berthold hatte doch noch den Schwanz eingezogen und die suspendierten
Outlaws auf sanften Druck von Weidemann begnadigt. So durfte Marcel Podszus gegen Münster wieder von Beginn an
aufs Feld, Hoersen fand sich auf der Bank wieder. Mit Patrick Deuß war unser Aufstiegskeeper wieder im Kasten,
nachdem Nulle in Chemnitz wieder böse gepatzt hatte und wohl weinend vom Platz geführt wurde. Wenigstens zeigte er
noch eine reuevolle menschliche Reaktion, gerade auf ihn wurde aber auch knallhart von Berthold eingedroschen.
Jenem Berthold, der am liebsten gleich die halbe Mannschaft rausgeworfen hätte... Aber mit solchen abstrusen
Geschichten wollte ich mich an meinem Geburtstag nicht befassen.
Fortuna spielte besser als in den vergangenen Wochen, man merkte den Spielern den Druck zwar an, doch der
Einsatzwille war wesentlich stärker. Rund lief es aber nicht.
Preußen Münster agierte weitesgehend harmlos. Hätte man eine Strichliste über deren Torchancen geführt, wäre
man äußerst ressourcenschonend mit seinem Schreibgerät umgegangen.
Fortuna bekam immer mehr die Oberhand und hätte durchaus einigemale die Führung erzielen können. Das befreiende
Tor wollte aber einfach nicht gelingen.
Ab der 80. Minute musste gab ich langsam die Hoffnung auf den verdienten Sieg auf, doch das Ganze nahm doch noch
ein schönes Ende.
"Arena" Gustav Policella brachte irgendeinen Körperteil oberhalb der Gürtellinie in einen Schuss (oder war es eine
gewollte Vorlage) von Njdeng und das Leder fand tatsächlich den lobpreisenden Weg ins Gehäuse der Münsterländer.
Der Jubel im Flinger Broich war schon lange nicht mehr so euphorisch und erleichtert.
Es kam sogar noch besser. Münster warf nun alles nach vorne, wobei es bei dem Versuch blieb.
Ausgerechnet Podszus war es dann vorbehalten. einen Konter mit letzter Kraft abzuschließen.
Mit einem wunderbaren Flachschuss aus ca. 18 Metern ins linke Eck markierte er das mehr als nur erlösende 2:0 -
der Tag war gerettet.
Nach einer kurzen Verschnaufpause zu hause, trafen sich die versammelten ALTsTARS (mit Verstärkung) in der
Altstadt.
Es ist schon erstaunlich, wieviele Striche auf einen Deckel passen. Als Fortuna-Fan lernt man aber die Siege zu
feiern, wie sie fallen. Wer weiß, wann der nächste kommt.
Vom Erfolg euphorisiert begannen wir große Pläne zu schmieden. Eine Patenschaft für ein Kind in Brasilien,
Argentinien oder Afrika (Hauptsache einem Land, in dem einem schon von Geburt an ein großes fußballerisches Talent
in die Wiege gelegt wird - schließlich soll uns der Kleine mal in Championsleague schießen) soll es sein. Ich
fürchte nur, dass dieser Plan ähnliche Erfolgsaussichten, wie die neue Zaunfahne oder die Feuerzeuge hat. Die Idee
ist aber trotzdem gut.
Nicht mehr ganz taufrisch zogen wir dann in einen Irish Pub. Dort fand so eine äußerst peinliche Promo-
Veranstaltung für Jägermeister statt, wobei die Mädels schon recht knackig waren.
Nach einer Dart-Partie auf unterstem Niveau ging es zum Abschluss noch weiter ins Bel Etage.
Allerdings waren bereits die ersten Verluste zu vermelden. Der Präsi war zwar noch körperlich (meistens) anwesend,
sah aber schonmal besser aus.
Irgendwann tief in der Nacht fiel ich sturztrunken ins Bett, im Gegensatz zu Julia aber noch relativ nüchtern.
Ein rundum gelungener Tag.
Gruß
ANDI
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