Hey Frosch!
Da sind wir wieder. Die Regionalliga. Nach zwei Jahren in einst
ungeahnten Niederungen der fußballerischen Provinz, durften
wir für ein Pflichtspiel das heimische Rheinland verlassen
und ins irgendwie befreundete aber auch befremdliche Münsterland
reisen.
Das Münsterland war für mich früher immer irgendwie
überflüssig. Irgendein nichtssagender Landstrich zwischen
dem Ruhrgebiet und dem wirklichen Norden. Fahrräder, Landwirtschaft,
CDU und Katholizismus waren die Platitüden, die mir -wenn überhaupt-
zum nördlichen NRW einfielen.
Nun- spätestens seitdem ich von einer Münsterländerin
geehelicht wurde, konnte ich natürlich einen erheblich tieferen
Einblick in das Umfeld unseres heutigen Gegners werfen und so sehen
die Schlagworte, die mir zum Thema Münsterland spontan in den
Kopf kommen auch vollkommen anders und wesentlich differenzierter
aus: Landwirtschaft, Fahrräder, Katholizismus, CDU und Unmengen
von Bier und Schnaps.
Letzteres wird vermutlich in rauen Mengen zu sich genommen, um die
ersten Merkmale zu ertragen.
Ich kann natürlich nur hoffen, dass meine Frau, diese Ausführungen
nicht lesen wird.
Andernfalls drohen mir als gebürtigen Rheinländer, der
selbiges niemals für länger als zwei Monate verlassen
hat, der keinen gesteigerten agrarischen Bezug - mit Ausnahme des
Verzehrs diverser landwirtschafter Produkte - hat, der zwar ein
Fahrrad besitzt, diesem aber seit etwa einem Jahr eine dringendnotwendige
Reparatur nicht angedeihen läßt, der evangelisch ist
und durchaus mal intensiver darüber nachgedacht hat, der SPD
beizutreten, der aber immerhin sehr gerne größere Mengen
Bier zu sich nimmt und sich dabei im Notfall durchaus mit westfälischen
Spezialitäten anfreunden kann, diverse Besuche bei Tanten meiner
Liebsten, bei denen es sich in der Regel um mit dem Fahrrad zur
Kirche fahrende Bauersfrauen handelt, die fest in der christlich-demokratischen
Welt verankert sind.
Meine Frau selbst entspricht natürlich gar nicht den oben
erwähnten Klischees - sieht man einmal davon ab, dass sie auf
einem Bauernhof groß geworden ist und ihr Opa für die
CDU im Bundestag sass.
Man könnte jetzt natürlich denken, dass meine Ehe mit
einer Münsterländerin als besserer Hälfte zwangsläufig
zu einer halbseitigen Lähmung führen würde, dem ist
aber definitiv nicht so.
Aber zurück zum Geschehen. Nach diversen Rechtfertigungen
während der Sommerpause in Gespräch mit ungläubigen,
die davon in Kenntnis gesetzt werden mussten, dass wir nicht nur
aufgestiegen sind, weil Velbert die Lizenz nicht beantragt habe,
ging es endlich wieder los.
Mit einer runderneuerten Truppen peilt der Verein (oder ist es
Thomas Berthold) den Durchmarsch an, der eigentlich bei den ALTsTARS
von keinem erwartet wird.
Nichts desto trotz machte sich auch in unserem kleinen Fanclub eine
zunehmende Vorfreude auf das Spiel bei den Preußen breit.
John, Achen und Droll chauffierten den Präsi, der sich selbstredend
die Ehre gab, zum Stadion an der Hammer Straße.
Meine Wenigkeit wollte den Umweg über den schwiegerelterlichen
Hof südlich von Münster nehmen, denn ich hatte es tatsächlich
geschafft, einige Eingeborene (inklusive meiner Frau) zu überreden,
mit in die Fortuna-Kurve zu kommen.
Doch vor dem Vergnügen hatte der liebe Gott die Autobahn gesetzt.
Die A1 ist ja schon toll und die Landschaft zwischen Gevelsberg
und Hagen ist so sehenswert, dass man mal ruhig langsamer fahren
und von Zeit zu Zeit auch mal ganz anhalten kann. Böse Zungen
nennen es Stau, ich als unverbesserlicher Optimist würde es
eher als naturnahes Erlebnis bezeichnen.
Ne - ist schon toll, den nahezu ersten heißen Tag des Jahres
in einem schwarzen Auto über flimmernden Asphalt zu verbringen.
Zeitweilig war ich nahe dran, jeden Staugenossen, nach dem Grund
für das Verlassen seiner schnuckeligen Heimat zu befragen und
alle, die keine zufriedenstellende Antwort geben konnten (wie dem
Besuch eines Regionalligaspiels), der Szenerie zu verweisen.
In den Staunachrichten wurde verkündet, dass irgendwo (war
es die A 43) vorsicht geboten sei, da eine Riesenschildkröte
unterwegs sei. Ich glaube ja, dass es gar keine Schildkröte
sondern ein Frosch war, der orientierungslos mit einem Carlsberg
Federschmuck behauptet über die Fahrbahn hüpfte.
Irgendwann gelangten wir dann aber doch noch und sogar fünf
Minuten vor Anpfiff zum Stadion, wo wir schnell auf die übrigen
ALTsTARS trafen und nun gemeinsam einen glohreichen Sieg feiern
wollten.
Massimo ließ mit der erwarteten Aufstellung beginnen und
die Jungs legten gleich ein ordentliches Tempo vor und wussten durchaus
zu gefallen.
In den ersten 20 Minuten hätten wir allein viermal das ersehnte
erste Saisontor erzielen können - aber die Chancen wurden fortunaesk
leichtfertig vergeben.
In der Folgezeit ließen Fortuna Offensivbemühungen deutlich
nach, die Preußen hatten jetzt mehr vom Spiel - ohne dabei
zu überzeugen. Unsere Abwehr stand ziemlich bombig und der
neue Keeper Carsten Nulle wirkte sehr souverän.
Von den neuen überzeugte mich besonders auch Njdeng, der spielerisch
sehr stark agierte.
So plätscherte das Geschehen bis zur Halbzeit dahin.
Die von mir ins Stadion geschleppten Aboriginis zeigte sich erstaunlich
begeistert von der Stimmung im Stadion, besonders von Nico, in dessen
unmittelbarer Nähe wir standen.
Die zweite Halbzeit ähnelte durchaus dem ersten Abschnitt
und begann daher mit einigen Gelegenheiten für uns, die selbstredend
ungenutzt blieben.
Es kam, wie es kommen musst. Münster erzielte mit der einzigen
wirklichen Gelegenheit, die sie im Spiel hatten das 1:0. Es schien
so das sich alle Verteidiger, ihre einzige Schwache Szene des Spiels
für diese Situation aufgehoben hatten. Sieht man mal von Fregene
ab, der auch noch weitere Unzulänglichkeiten präsentierte.
Eine Freistoßflanke segelt an Freund aber nicht an Feind
vorbei. Der Feind, Sören Seidel, der bei uns im letzjährigen
Winterprobetraining durchgefallen ist, verlängert per Kopf,
Nulle klatscht den Ball irgendwie ab und kein Abwehrspieler hält
es für nötig, den Ball zu klären.
Einen Großteil der restlichen Spielzeit verbringe ich gefrustet
am Bierstand, um die durstige Meute mit Bier und Wasser zu versorgen.
Dabei werde ich noch Zeuge, wie der Heini hinter dem Tresen einen
Becher Wasser einer Frau, in weißem T-Shirt, über selbiges
kippt. Schade, dass die Dame auch nicht ansatzweise attraktiv war.
Der Ausgleich hätte noch fallen können, Gelegenheiten
waren da und angeblich hätte es auch noch einen Elfer für
uns geben müssen, den wir mit Sicherheit nicht verwandelt hätten.
Am Ende blieb es bei der Niederlage. Unglaublicherweise liegt unserer
letzter Sieg in einem Eröffnungsspiel schon über 10 Jahre
zurück. 2:1 gewannen wir damals in Saarbrücken und wir
weilten im Urlaub in den Staaten. Seitdem durfte man maximal ein
Pünktchen zur Saisonpremiere bejubeln.
Unsere Leistung war sicherlich keine Katastrophe, aber neben der
mangelnden Chancenauswertung war das Spiel nach vorne einfach nicht
gut genug. Hust und Lösch sind gute Zerstörer (zu mindestens
Lösch) aber mit der Spielgestaltung sind sie überfordert.
Neben einem Mann, der das Spiel an sich reist und die Bälle
verteilt, fehlen uns aber auch noch ein bis zwei geeignete Passempfänger
- aber man sollte wohl nach dem ersten Spiel nicht zu sehr den Stab
brechen. Aber eins ist klar und das war ja auch vor dem Spiel bereits
sicher, im Mittelfeld haben wir noch eine Baustelle, die es locker
mit der Arena aufnehmen kann.
Auch wenn das 1:0 der Preußen 1 bis 2 Tore zu hoch war, haben
wir es uns selber zu zuschreiben.
Mal sehen, was wir gegen Braunschweig auf den Platz zaubern.
Gruß
ANDI
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